
Tauschgeschäft anno ’45
Wie muss man sich die Lage der Kölner Museen bei Kriegsende vorstellen? Die Häuser waren großenteils zerstört, die Bestände über ganz Deutschland verteilt und die Mitarbeiter mit Aufräumarbeiten befasst.
Im Jahr 1945 wird im „Haus der Rheinischen Heimat“, unserer Vorgängerinstitution, lediglich ein Konvolut belangloser Kleinschriften im Tausch gegen unbekannte Gegengaben inventarisiert. Warum? Und wer ist Erik Berger, mit dem der Tausch arrangiert wird?

Wie hat man sich die Lage der Kölner Museen nach Kriegsende vorzustellen? Die Museumsbauten waren im Wesentlichen zerstört, ihre Bestände auf zahlreiche Depots über das gesamte vormalige Reichsgebiet verteilt und unterstanden der Aufsicht der jeweiligen Alliierten. Schloss Gaibach bei Würzburg war eines davon, in dem neben Beständen des »Hauses der Rheinischen Heimat«, des Kunstgewerbemuseums, des Wallraf-RichartzMuseums und des Rathauses auch der Kunstbesitz etlicher Privatpersonen ein Unterkommen gefunden hatte.
Die Räumlichkeiten im Schloss boten nicht nur Platz für die Kunstschätze, sie boten auch Unterkunft für Museumsmitarbeiter. Der Direktor des Museums Professor Wilhelm Ewald und seine Mitarbeiterin Dr. Edith Meyer-Wurmbach wohnten dort zeitweilig und auch weitere Gäste, wie Johannes Puhl sich erinnerte: »So kam es, daß sich die Schloßgemeinde zu einem soziologischen Biotop entwickelte. Ewald war der Doyen (…) Dies lief bis April 1945, als sich amerikanische Truppen Gaibach näherten. Ewald wurde zunächst wegen des großen Hutes und wegen der Zigarre als Bürgermeister angesprochen. Der Irrtum ließ sich jedoch schnell beheben und es gelang, Schloß Gaibach (…) ›off limits‹ [also gesperrt für militärisches Personal] zu stellen.«
Das gelang auch deswegen, weil Professor Ewald Herrn Erik Berger, der sich mal als »Secretary and Art adviser Military Government«, mal als »Custodian MFA&A« ausgab und wohl im Dienst der Besatzungsbehörde tätig war, mit Kunstobjekten versorgte. Er bediente sich dabei der Sammlungsstücke aus Privatbesitz. Aus der Sammlung des Kölner Rechtsanwalts Dr. Paul Esch gab er mindestens zehn Gemälde an Berger für die Ausstattung von Offizierskasinos, darunter Werke von Courbet, Lasinsky, Macke, Metz, de Peters, Scheuren, Schirmer und Sisley, wie auch Möbel und Teppiche aus anderen Deposita, die bis 1949 zum Teil nicht zurückgegeben wurden.
Umgekehrt revanchierte sich Berger großzügig: »Im Einverständnis mit dem Chef der deutschen Polizei in Würzburg wurden Ihnen bis zur endgültigen Regelung drei Gemälde aus dem Besitz des Barons von Schröder für das Historische Museum überwiesen«, heißt es in seinem Schreiben vom Mai 1945. Die Gemälde hätten eine bemerkenswerte Ergänzung der Sammlung bedeutet. Das erste von einem kölnischen Meister aus dem Lochner-Umfeld und um 1450 datiert, zeigt eine Muttergottes umgeben von den Aposteln Paulus, Petrus und Johannes sowie den Bischöfen Peregrinus und Heribert, der ein Modell von St. Aposteln im Arm hält. Es stammte aus der renommierten Sammlung des Kölner Bankiers Richard von Schnitzler, dessen Tochter Edith Kurt Freiherr von Schröder heiratete. Da Schröder Mitglied des Freundeskreises Reichsführer SS war, war sein Besitz zunächst beschlagnahmt. Bei den weiteren handelte es sich um zwei Porträts, Bartholomäus Bruyn zugeschrieben. Sie alle wurden 1948 zurückgefordert, nachdem Schröder als »minder« belastet eingestuft worden war.
Konvolut kleinerer Publikationen, u. a. Wasmuths Monatshefte Baukunst & Städtebau, Juli 1932, H. 7, Berlin: Bauwelt-Verl., 1932 u. a. Papier, 32 x 25 cm, Inv.-Nr. RM 1945/1 ff. Tausch mit Erik Berger. Foto: rba_d033518
Autor: Beatrix Alexander