Von Köln aus: Fotografie als Weltsprache
L. Fritz Gruber – ein bekannter Kölner Name. 1950 eröffnete er als Initiator in diesem Anzug die erste »Photo-Kino-Ausstellung«. Den technischen Neuerungen im Rahmen der Messe vorangestellt, waren die Bilderschauen der photokina auf internationalem Niveau. Dank der »photokina« stand Köln nun für Innovation, Weltoffenheit und Pionierarbeit im Bereich der Fotografie.
Zurückhaltende Eleganz strahlt der schwarze Anzug aus. Der Glanz des großen Empfangs, der großen Bühne mit internationalen Gästen liegt noch heute in seinen Fasern. Der Schnitt des weinroten Revers zeigt die Mode der späten 1950er Jahre. Eine Zeit, als die Stadt Köln die internationale Bühne der Fotografie darstellte. Der Träger dieses Anzuges war meist auch der Gastgeber: Leo Fitz Gruber, Mitinitiator und künstlerischer Leiter der photokina. Sein Werk war eine einmalige Kombination: Die technischen Innovationen der Fotografie zusammen mit den Bildschauen, welche die kulturellen und gesellschaftlichen Leistungen der Fotografie nebeneinanderstellte, war ein völlig neuartiger Messetypus. Den Besuchern sollte gezeigt werden, welche Leistungen mit den Geräten und Verfahren der Fotoindustrie erreicht werden konnten. Und diese innovative Kombination rückte Köln an die Weltspitze der Fotokunst.
Als im Frühjahr 1950 die Initiatoren Bruno Uhl und L. Fritz Gruber die erste »Photo-Kino-Ausstellung« eröffneten, rückten sie das Profil der Fotoindustrie durch ihre Bilderschauen in ein völlig neuartiges Licht. Bereits im sechsten Jahr kamen über 170.000 internationale Besucher in die Kölner Messehallen. Gruber, federführend für die Bilderschauen, suchte von Beginn an die internationale Ausrichtung. Einzelschauen bedeutender Künstler wie August Sander (1951), Irving Penn (1954) sowie Erich Salomon und Ansel Adams (1956) wurden ebenso gezeigt wie Werke aus internationalen Museen, zum Beispiel aus dem Museum of Modern Art, New York, oder dem George Eastman House, Rochester. Erstmals nach Ende der nationalsozialistischen Herrschaft ermöglichte es L. Fritz Gruber den Besuchern, international bedeutende Einzelpositionen und herausragende Strömungen kennenzulernen. Die Amateur-, Berufs- und Pressefotografie wurden in Lehrschauen ebenso präsentiert wie didaktische Ausstellungen, welche die Geschichte und Anwendung des Mediums behandelten. Nicht selten waren die Bilderschauen von L. Fritz Gruber auch der Karrierestart für junge Fotografen. Die Weltmesse des Bildes zeigte Pionierleistungen der Fotografie und war gleichzeitig selbst eine Pionierleistung der Präsentation. Über 300 internationale Dokumentar-, Bilder- und Demonstrationsschauen entstanden unter Grubers Leitung. Die Kataloge der Bilderschauen waren stets dreisprachig; 16 wurden von Gruber redigiert.
Den Besuchern – wie auch bis 1968 den Lesern der Gesamtkataloge – wurden die Bilderschauen präsentiert, bevor sie zu den Produkten gelangten.
Die photokina-Bilderschauen haben die Nachkriegslandschaft der deutschen Fotografie beeinflusst wie kein zweites Ereignis. Als die international führende Fachmesse der Fotografie ist sie bis heute untrennbar mit ihrem Gründer L. Fritz Gruber verbunden. Die Bilderschauen der Jahre 1950 bis 1956 waren für die junge Bundesrepublik ein wichtiger Schritt, um zurück in die internationale Wertegemeinschaft zu gelangen. Ihre Weltoffenheit wurde als Symbol für den Wandel nach 1945 verstanden. Redakteure der großen internationalen Fachpresse wurden eigens mit Charterflügen nach Köln gebracht, um von dem Ereignis zu berichten. L. Fritz Gruber war überzeugt, dass diese Industrie »Lebensfreude« und nicht nur Kameras verkaufte. Die photokina-Bilderschauen verkörperten diese Ebene der Fotografie.
Zusammen mit seiner Ehefrau Renate schuf L. Fritz Gruber zudem eine umfangreiche Sammlung mit Originalen sowie dokumentarischem Material. Bereits als Schüler hatte Gruber Fotografien der 1920er Jahre gesammelt. 20 Jahre waren Renate und L. Fritz Gruber beruflich wie freundschaftlich mit dem amerikanischen Künstler Man Ray verbunden, dessen Werke 1960 auf der photokina ausgestellt wurden. Zahlreiche seiner Fotografien befinden sich in der Sammlung Gruber. 800 Fotografien der Sammlung wurden 1977 von der Stadt Köln erworben; bis heute vermehrte sich die Sammlung Gruber durch die Stiftung der Eheleute auf 3.700 Blatt.
Als L. Fritz Gruber am 30. März 2005 mit 96 Jahren verstarb, hinterließ er der Stadt Köln mit der photokina – die gerade durch die Bilderschauen zu ihrer heutigen Weltbedeutung gekommen war – ein einmaliges Erbe: Die Stadt Köln als Rahmen für die Fotografie der Welt.
Reiner Roeben: Abendgarderobe von L. Fritz Gruber, Köln, 1958. Wolle, Seide; Smoking: RL: 79 cm, RB: 54 cm, Hose: L: 110 cm. Inv.-Nr. KSM 2008/48. Foto: rba_d033461
Autor: Philipp Hoffmann M.A.