Hoch hinaus

Die späten 1970er-Jahre: Köln im Discofieber! Der Gipfel der Hipness: Hüfthosen mit Schlag, enge Blusen und Tops in grellen Farben mit hysterischen Ornamenten, breite Gürtel, Pullunder und eben Plateauschuhe. Dieses Modell schenkte die dienstälteste Mitarbeiterin, die ihre geliebten Plateauschuhe nicht nur in der Disco, sondern den Glamour der 1970er auch ins Büro trug, „ihrem“ Kölnischen Stadtmuseum.


Zu sehen sind Damenschuhe. Sie sind schwarz und haben einen Absatz.
Schwarze Damenschuhe mit Plateausohle, Größe 37, Marke: EXQUISIT, 1970er Jahre, KSM 1981/377. Foto: rba_d033560

Wir schreiben die späten 1970er Jahre. Eine Welle aus Übersee hatte gerade mit voller Wucht das Rheinland erfasst, und selbst der Kölner StadtAnzeiger widmete jenem gesellschaftlichen Phänomen eine komplette Artikelserie: In der Stadt grassiert das Discofieber! Weit über 100 »Tanzlokale, in denen die Musik von Schallplatten statt von leibhaftigen Musikanten gemacht wird«, lockten inzwischen die Möchtegern-Travoltas aus Nah und Fern in Scharen. Schließlich war es der US-Schauspieler John Travolta, der mit seiner Hauptrolle im Film »Saturday Night Fever« (1977) mit dem Soundtrack der Bee Gees den Trend lostrat und die Jugend weltweit mit seinem Tanzstil elektrisierte.

Aber König der Tanzfläche wird man nicht im Schlabberlook und Parka mit »Atomkraft? Nein danke«-Aufnäher. Da mussten schon ganz andere modische Kaliber her: Knallenge Hüfthosen mit Schlag, körperbetonte Blusen und Tops in grellen Farben, taillierte Kunstfaserhemden mit hysterischen Ornamenten, breite Gürtel, Pullunder und – selbstverständlich – die unausweichlichen Plateauschuhe. Eine Mode, die Frauen wie Männer, Teens wie Twens begeisterte. Auch, wenn die Fortbewegung über Tanzflächenniveau ein gewisses Maß an Übung und Selbstbeherrschung erforderte, war das hochhackige Schuhwerk ein modisches Muss.

»Solche Schuhe wird es wahrscheinlich nie wieder geben«, orakelte Petra Klaso, heute: Petra Pfeiffer und dienstälteste Mitarbeiterin des Kölnischen Stadtmuseums, als sie ihr Paar 1981 dem Haus überließ. Sie sollte Unrecht haben, denn Plateauschuhe sind in der Damenwelt durchaus immer noch en vogue. Und waren keineswegs eine Erfindung der hippen 1970er Jahre: Schon um 1450 gefielen sich modebewusste Spanierinnen und Spanier auf zehn Zentimeter hohen Sohlen, und bei den Venezianern brachte es der Absatz der sogenannten »Zoccoli« gar auf 20 Zentimeter.

Mit dem Modell »EXQUISIT« wanderte nicht irgendein Paar Plateauschuhe ins Museum, sondern die erklärten Lieblingsschuhe der Stifterin. Und das bedeutete: Getragen wurden sie keineswegs nur zu besonderen Anlässen wie eben dem Diskothekenbesuch (selten in Köln, meist in Sankt Augustin), sondern »eigentlich immer«. So auch bei der Arbeit. Insofern gut, dass man im Museumsalltag mit diesem Modell den Überblick behielt, ohne sich geschmacklichen oder sicherheitstechnischen Bedenken auszusetzen. Denn nicht nur farblich war sie mit »schwarz« auf der sicheren Seite, auch die Plateauhöhe ist knapp noch als Normalmaß zu bezeichnen. Zumindest im Vergleich zu den halsbrecherischen Exemplaren der ABBA-Ära.


Schwarze Damenschuhe mit Plateausohle, Größe 37, Marke: EXQUISIT, Modell ECHT LEDER, 1970er Jahre, Leder, Holz, Kunststoff (?), Gesamt-H: 17 cm, Absatz-H: 10,5 cm, B: max. 7,7 cm, L: 21 cm, Inv.-Nr.KSM 1981/377. Foto: rba_d033560

Autor: Rüdiger Müller