Schanzzeug für den Krieg
Im Inventarbuch des Museums ist für 1898 ein Konvolut von Ausrüstungsgegenständen von Angehörigen des Westfälischen Pionier-Bataillons Nr. 7, das von 1833 bis 1914 in Köln stationiert war, notiert. Unentbehrliches Werkzeug des militärischen Bautrupps war der Spaten und fürs tägliche Überleben der Brotbeutel und die Feldflasche.
Als am 18. April 1864 beim Sturm auf die Düppeler Schanzen im Deutsch-Dänischen Krieg der Soldat des brandenburgischen Pionierbataillons Nr. 3 (BPB 3), Carl Klinke, starb, entstand eine Heldenlegende. Theodor Fontane beschrieb in seinem Gedicht »Der Tag von Düppel«, dass Pionier Klinke bei dem Versuch, ein Loch in die Palisadenwand der Dänen zu sprengen, sich selbst geopfert habe. Mit dem Ruf »Ich bin Klinke, ich öffne das Tor« entzündete er seinen Pulversack und kam bei der nachfolgenden Explosion zu Tode. Die offizielle Kriegsberichterstattung nannte dagegen entweder eine fehlende Zündschnur oder die verfrühte Explosion des Pulversacks als Grund für Klinkes Tod.
Pioniere waren gemeinhin die Ersten am Kriegsschauplatz. Sie waren die Ingenieur- und Bautruppen des Militärs, deren Aufgabe im 19. Jahrhundert darin bestand, die Infrastruktur für die nachfolgenden Truppen vorzubereiten, zum Beispiel durch den Bau von Lauf- und Annäherungsgraben (sog. Sappen) vor feindlichen Festungen, Biwak- und Lagerbau, Grabung von Stollen zur Sprengung von Festungsmauern, Bau von Schwimmbrücken, Fällen von Bäumen, Beschaffung von Schanzpfählen und Beseitigung von schweren Hindernissen.
Auch das Kölnische Stadtmuseum hat in seiner Sammlung Hinterlassenschaften von Pionieren. Das Eingangsbuch des Hauses verzeichnet im Jahr 1898 die Abgabe einer Pionierausrüstung: »Feldmütze, Waffenrock, Tuchhose, paar lange Stiefel, Helm, Tornister mit Riemen, Kochgeschirr mit Riemen, Brodbeutel, Feldflasche, Leibriemen mit Schloss u. Tasche, paar Vorder-Patronentaschen, Spaten mit Futteral und Schanzzeugriemen«. Sie stammt vom Westfälischen Pionier-Bataillon Nr. 7 (WPB 7), das von 1833 bis 1914 in Köln stationiert war. Bis auf den Spaten mit Lederfutteral und -tragriemen, die Feldflasche und den Brotbeutel sind die übrigen Teile nicht mehr eindeutig zu identifizieren und haben zum Teil andere Inventarnummern erhalten.
1816 gegründet und ursprünglich auf der Festung Ehrenbreitstein bei Koblenz stationiert, wurde die 7. Pionierabteilung zunächst in der Kaserne am Weidenbach einquartiert, bevor sie 1859 in den Kasematten II und III in Deutz Unterkunft fand. 1860 erhielt sie die Bezeichnung Westfälisches Pionier-Bataillon Nr. 7, weil die Soldaten vornehmlich aus Westfalen stammten. Mit der Entfestigung von Deutz zog das WPB 7 1909 zusammen mit dem Westfälischen Pionierbataillon Nr. 24 in die Kasernen an der Boltensternstraße in Riehl (heute Städt. Senioren- und Behindertenzentrum) um. Die nördlich gelegene Mülheimer Heide galt als idealer Übungsplatz zu Wasser und zu Land.
Während der Novemberrevolution 1918 galten die verbliebenen Kompanien der beiden Kölner Pionierbataillone als einzig verlässlich und schützten Fernsprechamt sowie Polizeipräsidium. Schließlich wurde das WPB 7 in Geseke/Westf. aufgelöst.
In Friedenszeiten stand das WPB 7 dem Zivil- und Katastrophenschutz zur Verfügung: so bei dem Hochwasser in Deutz 1862, der ersten Sprengung der mittelalterlichen Kölner Stadtmauer im Juni 1881 oder beim Einsturz des Stabeisenlagers Schoenen am Friesenwall 1912.
Der Pionierspaten könnte bei allen genannten Einsätzen verwendet worden sein. Aus der auf der Schaufel aufgebrachten Fabrikmarke »Killing & Rath, Hagen« geht hervor, dass der Spaten vermutlich zwischen 1858 und 1870 gefertigt wurde. 1858 gründeten Caspar Dietrich Killing und Dietrich Rath in Hagen eine Ambossschmiede, deren Produktion sich auf Eisenbahnachsen und -waggons verlagerte. In den 1860er Jahren wurde auch Material für das preußische Kriegsministerium produziert. 1870 trat der Sohn von C. D. Killing in das Unternehmen ein, man firmierte fortan unter Killing & Sohn.
Das Schanzzeug, im Besonderen der Pionierspaten, wurde mit Ring und Öse am Tornister befestigt, zur Ausrüstung gehörten ferner ein Seitengewehr, Patronentaschen und Helm. Die Uniform der Unteroffiziere und Mannschaften bestand aus blauem Waffenrock mit schwarzem Kragen, schwarzen, rot vorgestoßenen schwedischen Aufschlägen mit weißen Knöpfen und roten Achselklappen. Hosen und Lederzeug waren schwarz. Kochgeschirr, Brotbeutel und anderes kamen beim Einsatz dazu. Über die Abgabe der Ausrüstung an das Historische Museum kann nur spekuliert werden. Sie fällt zusammen mit der Versetzung des kommandierenden Generals Bruno von Mudra 1898.
Pionierspaten, Brotbeutel und Feldflasche, Preußen, 1858–1870, Stahl, Holz, Leder, L: 108 cm, Inv.-Nr. HM 1898/180 (Spaten: W 857). Schenkung des Westfälischen Pionier-Bataillons Nr. 7, Deutz als Teil einer kompletten Pionierausrüstung im Gesamtwert von 51,93 Mark (»Schätzungswert«). Foto: rba_d033581
Autor: Dr. Gabrielle Oepen-Domschky