»Des Himmels modernste Blitze«

Die Pickelhaube galt als Symbol Preußens und Deutschlands – stolz präsentiert in der »schimmernden Wehr«, gefürchtet und verspottet von den Gegnern. Sie war 1842 vom preußischen König Friedrich Wilhelm IV., dem »Romantiker auf dem Thron«, eingeführt worden.


Man sieht eine Pickelhaube. An ihrer Front prangt ein goldener Adler.
Kürassierhelm – Modell des Jahres 1867. Foto: rba_d033574_01

Einst hervorgegangen aus den gepanzerten Rittern  des  späten  Mittelalters,  trugen  auch  die preußischen Kürassiere Pickelhauben – nicht mit schwarzem Leder bezogen wie bei der Infanterie, sondern  aus  blankem  Stahl,  passend  zu  ihrem Brustpanzer,  dem  »Kürass«.  Dieser  Helm  trägt innen  die  Bezeichnung  »8.C.R.«  für  das  8.  Kürassierregiment (seit 1889 mit dem Namen »Graf Geßler«). Es war Teil des VIII. preußischen Armeekorps, der 15. Division und der 15. Kavalleriebrigade. Seit 1850 in Deutz stationiert, wurde es auch das »Rheinische Kürassierregiment« genannt. Die gepanzerten  Reiter  waren  aus  Köln  nicht  mehr wegzudenken – gefürchtet von Demokraten und Revolutionären, beliebt bei den Anhängern Preußens und später des Kaiserreichs. Ihrer cremefarbenen Uniformen wegen wurden sie von den Kölnern »Düxer Mehlsäck« genannt. 

Als sie 1870 in den Deutsch-Französischen Krieg zogen,  verfügten  sie  kaum  über  Schusswaffen, sondern griffen »mit der blanken Waffe« an – eine antiquierte Methode im Feuer von Granaten und ersten Maschinengewehren. Die deutschen Staaten schlossen sich Preußen an, Napoleon III. kapitulierte bei Sedan. Das französische Kaiserreich war beendet, die Republik wurde ausgerufen, der Kampf aber fortgesetzt. Die Kölner Kürassiere beteiligten sich im Oktober 1870 an der Eroberung der Festung Metz. 

Im Winter 1870/71 wurde Paris belagert, beschossen und ausgehungert. Um der bedrängten Hauptstadt zu helfen, griff die französische Nordarmee bei Bapaume südlich von Arras an. Am Kampf um das benachbarte Dorf Sapignies waren die Kölner Kürassiere beteiligt. Am 4. Januar 1871 zersprengten zwei ihrer Schwadrone mit einer Reiterattacke die Franzosen. Die französische Nordarmee zog sich zurück.

Das Bild Bismarcks mit seinem Kurassierhelm bei der Proklamation Wilhelms I. zum deutschen Kaiser in Versailles am 18. Januar 1871 hat sich tief in das kollektive Gedächtnis eingebrannt. Paris kapitulierte. Man vereinbarte einen Waffenstillstand, am 26. Februar den Vorfrieden, am 10. Mai den Friedensvertrag: Frankreich musste hohe Reparationen leisten und Elsass-Lothringen an das nun neu gegründete Deutsche Reich abtreten – Quelle neuer Rivalitäten und Beginn der »Erbfeindschaft« zwischen beiden Staaten. Am 30. Juni 1871 kehrten die rheinischen Kürassiere, wie die anderen deutschen Truppen als Sieger bejubelt, nach Deutz zu rück. 

Nicht jedoch der Träger dieses Helms, den das Museum 30 Jahre später, 1901, vom Kölner Händler Alfred Werther für 50 Mark erwarb als »Cürassierhelm getragen von dem 1871 am 4. 2. bei Lapigny [?] gefallenen Curassier Johann Wassung«. Hierbei handelt es sich um einen Schreibfehler: Gemeint ist der Ort Sapignies und der dortige Angriff der Kölner Kürassiere am 4. Januar 1871. Über die Pickelhaube hatte Heinrich Heine 1844 gespottet: »Das mahnt an das Mittelalter so schön / An Edelknechte und Knappen / Die im Herzen getragen die Treu‘ / und auf dem Hintern ein Wappen (…) Nur fürcht‘ ich, wenn ein Gewitter entsteht / Zieht leicht so eine Spitze / Herab auf euer romantisches Haupt / Des Himmels modernste Blitze.« 

Gegen des »Himmels modernste Blitze« in den Trommelfeuern des Ersten Weltkriegs schützten Kürassierhelme nicht. Zunächst mit Tarnüberzügen bezogen, wurden sie 1916 durch Stahlhelme ersetzt. Es kam so, wie Friedrich Engels es 1887 prophezeit   hatte: »Zusammenbruch   der alten Staaten (…) derart, dass die Kronen zu Dutzenden über das Straßenpflaster rollen und niemand sich findet, der sie aufhebt.« Das Ende des Krieges war auch das Ende des Kaiserreichs und der Deutzer Kürassiere. In ihre umgebaute Kaserne zog 1925 das Historische Museum. 


Kürassierhelm − Modell des Jahres 1867. A. d. Innenseite des Messingfalzes im Nackenschirm: »8.C.R. IW 1855«. Haube: Stahlblech, unterer Teil der Spitze, preußischer Adler, Schuppenkette (demontiert) und Falz: Messing, Futter: Leder, H: ca. 28 cm, Kokarde und Zepter des Adlers fehlen, Rostschäden, Inv.-Nr. HM 1901/446 = W 73. Ankauf von Alfred Werther, Köln, für 50 Mark. Foto: rba_d033574_01

Autor: Dr. Mario Kramp