Eine Künstlerin sieht »Männer«

Dieses Gruppenporträt der in Köln arbeitenden Künstlerin Tremezza von Brentano, gemalt 1986 anlässlich einer Einzelausstellung im Kölnischen Stadtmuseum, zeigt bekannte Persönlichkeiten aus dem Kölner Kulturleben. Hinter von Brentano im weißen Kleid steht die Künstlerin und Sozialwissenschaftlerin Mechthild Jansen, dahinter Dr. Michael Euler-Schmidt, damaliger Kurator der Ausstellung. Das Bild-im-Bild zeigt von links nach rechts den Oberbürgermeister Norbert Burger, Stadtmuseumsdirektor Dr. Werner Schäfke, den Kulturdezernenten Peter Nestler und Oberstadtdirektor Kurt Rossa. 


Man sieht ein Gruppenporträt der in Köln arbeitenden Künstlerin Tremezza von Brentano. Zu sehen sind mehrere Personen.
Tremezza von Brentano: Atelier 86, 1986. Foto: rba_d033357

Die Österreicherin Tremezza von Brentano wurde 1942 in Innsbruck geboren. Nach dem Studium an der Freien Akademie in Mannheim, an der Staatlichen Kunsthochschule Stuttgart und am Art Department der Universität Texas in Austin kam sie nach diversen Auslandsaufenthalten 1972 nach Köln.

Der Mensch, der durch seinen Charakter und seine Handlungsweise unsere Umwelt immer wieder aufs Neue prägt und von ihr geprägt wird, steht im Mittelpunkt des Œuvres von Tremezza von Brentano, in dem immer neu zu erlebende, nachvollziehbare Alltäglichkeiten visualisiert werden.

Form und Farbe spielen in ihrem Werk eine entscheidende Rolle. Ihr verwendetes Kolorit, durchsetzt mit Hell- und Dunkelschattierungen, spricht eine ganz eigene Sprache, muss sprechen für die vor ihr stumm nach innen schauenden Menschen. Diejenigen, die sich nicht mehr äußern können oder durch ihre Umgebung sprachlos wurden, erhalten durch die Malerei einen Teil dieser wichtigen Eigenschaft zurück. Reduziert auf die jeweilige Situation, suchen Personen und Personengruppen bei ihr fast immer den direkten Blickkontakt mit dem Betrachter, und es scheint, als wollten sie damit den Dialog außerhalb des Bildes aufnehmen. Der absolute, expressive Realismus von Brentanos wirkt strukturiert und reduziert. Er ist bei ihr ein Mittel der Kunst, aufzuzeigen und zu verändern, nicht ein verschwommener Stilbegriff, der sich in der Vielfalt der Stilismen, auch außerhalb des Realismusbegriffs, verliert.

»Atelier 86« entstand 1986 als drittes einer Reihe großformatiger Gruppenbilder, zu der noch zwei weitere gehören, zu ihrer Einzelausstellung in der Kölnischen Galerie des Kölnischen Stadtmuseums (26. September bis 23. November 1986). Auslöser für die Bildserie war ein Zeitungsfoto, das den damaligen Oberbürgermeister Norbert Burger und den damaligen Kulturdezernenten Peter Nestler zeigte. Ein weiterer Grund war für sie die Tatsache, dass es in der Kunstgeschichte nur wenige »Männerbilder« gibt, die von Frauen gemalt wurden. »Atelier 86« erfüllt aber nicht ganz den Anspruch eines reinen »Männerbildes«. Die Malerin selbst sitzt mit entschlossener Pose, wie sie sagt, »bei der Tat des Malens« im Bildvordergrund. Direkt hinter der Künstlerin die Sozialwissenschaftlerin Mechthild Jansen. Teil dieser Gruppe ist noch Dr. Michael Euler-Schmidt, damaliger Kurator der 1986er Ausstellung im Stadtmuseum.

Als Bild im Bild – und dann doch als reines »Männerbild« – sind dahinter, auf einer Staffelei stehend, Kölner Stadtmenschen porträtiert, die damals auch das Kölner Kulturleben begleiteten, von links nach rechts: Norbert Burger (1932–2012), Oberbürgermeister der Stadt Köln von 1980 bis 1999, Dr. Werner Schäfke (geb. 1944), Direktor des Kölnischen Stadtmuseums von 1984 bis 2009, Peter Nestler (geb. 1929), Kulturdezernent der Stadt Köln von 1979 bis 1994, und Kurt Rossa (1930–1998), Oberstadtdirektor von Köln von 1977 bis 1989.

Das Bild entstand 1986 in von Brentanos Atelier in der Stammstraße in Köln-Ehrenfeld. Alle Beteiligten kamen zur Porträtsitzung dorthin und unterschrieben gemeinsam einen Porträtvertrag. Hier heißt unter Punkt 6: »Der Künstler macht nicht, er findet. Es ist mir deshalb klar, dass Schwierigkeiten bei der Auseinandersetzung mit dem Bild in keiner Weise die persönliche Beziehung mit dem Künstler belasten darf.«

Tremezza von Brentano hatte 21 ihrer Gemälde vornehmlich aus den Jahren 1985/86 bereits 2006 dem Kölnischen Stadtmuseum geschenkt, die jedoch erst 2009 auch in den Bestand des Museums aufgenommen werden konnten.


Tremezza von Brentano: Atelier 86, 1986, Öl auf Leinwand; H: 150 cm, B: 160 cm. Inv.-Nr. KSM 2009/84. Foto: rba_d033357

Autor: Dr. Michael Euler-Schmidt