Alltagsobjekte
Von Anfang an betrachtete sich unser Haus auch als kulturhistorisches Museum. Die Alltagsgeschichte in Köln und dem Umland gehört fest zum Sammlungsauftrag des Museums.
Bronzefibel: Eine Bronzefibel der Salierzeit
Fibeln, wie Schmuckstücke gestaltet, waren im Mittelalter unverzichtbarer Bestandteil der mitteleuropäischen Frauenkleidung. Mit ihnen konnten Hemd und Mantel schnell und praktisch verschlossen werden.
Hanseschale: Sieben
Im territorialen Bereich der deutschen Hanse in Nord- und Nordosteuropa wurden zahlreiche Bronzeschalen gefunden. Hanseschalen dienten zumeist als Handwaschbecken. Im profanen Bereich zeigen sie eine verfeinerte Tischkultur zu einer Zeit an, als man zu mehreren Personen ohne Besteck in dieselbe Speiseschüssel griff. Sakrale Funktionen hatten sie als Auffangbecken für das Wasser bei einer Taufe oder für Handwaschungen während der Messe.
Esslöffel: Ein Glücksfund an den »Poller Köpfen«
Für Köln hatte immer wieder die Gefahr bestanden, dass sich der Rhein, die Lebensader der Stadt, ein neues Flussbett weiter im Rechtsrheinischen suchte. Darum war die Sicherung des Poller Ufers von enormer Bedeutung. Bei der Arbeit an den »Poller Köpfen« ging dabei einem Handwerksmeister ein wertvoller Zinnlöffel verloren, der erst bei Baggerarbeiten für den Deutzer Hafen 350 Jahre später wiedergefunden wurde.
Ofenplatte mit biblischem Thema: Vertreibung aus dem Paradies …
Vertreibung aus dem Paradies … aber nicht aus Köln. Während auf dem oberen Feld der Ofenplatte aus Gusseisen die Vertreibung von Adam und Eva aus dem Paradies gezeigt wird, halten im unteren Drittel der Platte zwei stolze Greife ein Wappen der Stadt Köln. Diese gusseiserne Reliefplatte war als Teil eines Kastenofens kein Einzelstück, sondern war im Verbund mit passenden biblischen Themen angebracht.
Frechener Bartmannkrug: Feuer, Ratsherren und Cäsaren
Der dickbäuchige Bartmannkrug ist ein Prachtexemplar seiner Art und ein Prunkstück rheinischer Töpferkunst. Der geschichtsträchtige Krug wurde 1937 im Tausch von Gustav Adolf Steengracht von Moyland erworben; im Gegenzug erhielt er eine unbekannte Menge Mobiliars für sein Schloss, das leider nach Kriegsende von kanadischen Soldaten verwüstet und zerstört wurde.
Puppenküche: Mädels, lasst die Puppen tanzen!
Puppenküche der Familie Foveaux aus dem Haus »Zum großen Kardinal«, um 1780.
»Caroussel«- oder Rennschlitten: Jingle Bells
Der »Caroussel«- oder Rennschlitten aus dem Schloss Biebrich war ein Spielzeug für den Adel. Bei höfischen Turnieren z. B. saß die Dame im Wagenkorb, derweil ihr Kavalier dahinter saß und das Pferd lenkte. Gespielt wurde etwa Ringstechen, wobei die Dame die Lanze führte und der Ring auf der Stange auch durch einen Blumenkranz ersetzt werden konnte. Diese Wettkämpfe – gern in Verkleidung passend zur Schlittenfigur (hier eine »schöne Indianerin« oder Amazone) – fanden nicht nur im Schnee oder auf Eis statt, die Kufen konnten auch auf einem geölten Holzboden zum Einsatz kommen.
Sandschalenhalter: Linksdrehender Hase gesucht
Das ein wenig gramvoll schauende Tier ist ein Hase und die Schale, die er präsentiert, ist nicht fürs Salz zum Frühstücksei gedacht, sondern für Sand zum Trocknen der Tintenreste beim Schreiben mit der Feder.
Puppenhaus: Ein Haus für Kinder
Nachdem Kinder seit dem 18. Jahrhundert allmählich nicht mehr nur als kleine Erwachsene betrachtet wurden und der Kindheit eine eigene Entwicklungsstufe mit eigenen Bedürfnissen zugesprochen wurde, entwickelte sich auch ein Bedarf an pädagogischem, kindgerechtem Spielzeug. Dieses Puppenhaus aus den 1830er-Jahren orientiert sich an einem zeitgenössischen, französischen Chalet und ist mit Glasfenstern, Papiertapeten, Teppichen und Miniatur- Möbeln bestmöglich ausgestattet, damit die Mädchen im Spiel ihre künftige Rolle in Ehe, Familie und Gesellschaft einüben können.
Tasse mit Erzbischof: Noch alle Tassen im Schrank?
Diese Porzellantasse mit dem schlichten Brustporträt eines Geistlichen gehört zu den frühen Zeugnissen von Tourismusware und Massenkitsch. Erst die Inschrift verrät, wer dargestellt ist: Johannes von Geissel – Zur Erinnerung an d[en] 23ten Juni 1842. Damit erhält die Tasse eine (kirchen)politische Brisanz: 1837 war der Vorgänger von Geissels, der Kölner Erzbischof Clemens August Droste zu Vischering, wegen der Spannungen mit der preußischen Regierung um die Frage interkonfessioneller Ehen verhaftet worden, der Stuhl des Kölner Erzbischofs war vakant.
Brettspiel: Ritterschlag oder Tod – ein Spiel für die Jugend
Das Mittelalter war im 19. Jahrhundert beliebt. Bei diesem Spiel wartete am Ende der Tod – oder der Ritterschlag auf die Spieler. Der Jugend wurden nebenbei spielerisch bürgerliche Bildung und angemessenes Sozialverhalten vermittelt.
Vase mit Köln-Ansicht: Preiswerter Prunk für Preussen
Die Ansicht der »Zuckerseite« der Stadt Köln von Deutz aus ist festgehalten auf der Prunkvase des Berliner Porzellanfabrikanten Friedrich Adolph Schumann (1808–1851), gewidmet einem leider nicht bekannten »verehrten Jubelpaar zum Andenken an den 10ten August 1856«.
Zierteller mit Bildnis Bismarcks: Personenkult auf Porzellan
Der Zierteller ist ein Dokument des Personenkults um den »Eisernen Kanzler«. Seit den siegreichen Kriegen gegen Dänemark, Österreich und Frankreich galt Bismarck als Held, mit der Reichsgründung 1871 als Vollender der Träume vom deutschen Nationalstaat. Auch wenn er innenpolitisch aufgrund seines Kampfes gegen die Arbeiterbewegung und die katholische Kirche umstritten war: Das deutsche Bürgertum – selbst im Rheinland – verehrte ihn.
Teller mit Rheinliedversen: Die kühnen Knaben und das dumme Lied
Fast schon gegen Ende des ersten industriell betriebenen Krieges im noch so jungen 20. Jahrhundert erwarb das Museum am 18. Juni 1917 die vier Teller mit den Strophen des seinerzeit beliebten Liedes von Nikolaus Becker aus Geilenkirchen: »Sie sollen ihn nicht haben/ Den freien deutschen Rhein« – als wertfreies Dokument der Zeit? – oder zur patriotischen Aufrüstung des Betrachters?
Reisekamera: Die Kamera des wandernden Fotografen
Der Fotograf August Sander schenkte seiner Auszubildenden zur bestandenen Gesellenprüfung eine Reisekamera, mit der er vermutlich früher selbst über Land gezogen war.
Spazierstock von M. Bohnen: Ein Weltstar geht am Stock
Als der Kölner Sänger und Besitzer dieses Stocks, Michael Bohnen, 1964 zurückgezogen und verarmt starb, war der einstige Opernstar und »Königlich preußischer Hofoperkammersänger« schon in Vergessenheit geraten. Nach Abschluss seiner Ausbildung als Bassbariton am Kölner »Steinbach-Konservatorium« gab er 1910 sein Debüt am Düsseldorfer Stadttheater. Dies war der Auftakt für eine eindrucksvolle Karriere: In Folge spielte er am Hoftheater in Wiesbaden, an der Hofoper Berlin, in Bayreuth und Wien. 1920 wechselte er erst zum Metropolitan-Ensemble nach New York und dann zum Film.
Spielzeugsoldaten: Krieg im Kinderzimmer
In den 1930er-Jahren, aus denen diese Sammlung von Spielzeugsoldaten stammt, war solches Spielzeug in vielen Kinderzimmern zu finden. Geprägt durch Kriegs- und Gewalterfahrungen in der gesamten ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts passten sich die Spielgewohnheiten der Kinder an diese Realität an. Im Nationalsozialismus wurden sie in staatlich gelenkte Kinder- und Jugendorganisationen gezwungen und auf Krieg getrimmt. Dieses Spielzeug spiegelt die martialische Welt wider, realistisch gearbeitet mit Sanitätswagen, Lazarettschwestern und Verwundeten.
Deutscher Kleinempfänger: Swing aus der »Goebbelsschnauze«
Mit der Wiedereröffnung des Stadtmuseums 1984 wurde den Besuchern ein bislang in der Präsentation des Hauses völlig unbehelligter Teil der Kölner Geschichte präsentiert: die Zeit des Nationalsozialismus. Einige Dutzend Exponate zeigten den Aufstieg der NSDAP, die Verfolgung jüdischer und anderer Mitbürgerinnen und Mitbürger, Krieg und Zerstörung. Im Gegensatz zu häufigen Behauptungen verlief diese Zeit in Köln nicht anders als im übrigen Deutschland. Die Nationalsozialisten fassten hier schnell und gut Fuß, jüdische Geschäfte wurden von Kölnern gemieden, Synagogen zerstört und mindestens 7.000 der 16.000 Kölner Juden und 4.000 weitere Kölner »Volksfeinde« ermordet. Die Gleichschaltung erfasste alle Lebensbereiche, Adolf Hitler wurde bei jedem seiner fünf Besuche in Köln frenetisch gefeiert, und obwohl die Jugendgruppe »Edelweißpiraten« in Köln ihre widerständischen Aktionen durchführte, war Köln kein Zentrum des Widerstands.
Bottichwaschmaschine: Das bisschen Haushalt
Die »Große Wäsche« war noch im 19. Jahrhundert ein familiäres Großereignis. Wer es sich leisten konnte, bestellte bis zu einem halben Dutzend Waschfrauen ein, die dann innerhalb von drei bis sechs Tagen die gesamte Wäsche der letzten ein bis zwei Monate wuschen. Die allermeisten Familien – und hier vor allem die Mädchen und Hausfrauen – mussten die körperlich extrem anstrengende Arbeit allerdings selbst verrichten. Insbesondere seitdem Wäsche wie Bettbezüge und Tischdecken, Handtücher, Unterwäsche und dergleichen mehr zur Massenware geworden waren, wuchs auch der Wäscheberg bei ärmeren Familien stetig an.
Afri-Cola-Flasche: Paul von Hindenburg und Romy Schneider
Als die Kölner Afri-Cola in Deutschland noch den gleichen Marktanteil wie Coca-Cola hatte, das war 1945, sah die Flasche noch ganz anders aus. Heute kennen wir den Flaschen-Designklassiker von 1959. Die erste Flasche wurde vom Kölner Werbegrafiker Rafael Becker 1931 designt. Mit Afri-Cola wurde eine Marke geschaffen, die heute noch besteht – auch wenn sie nicht mehr in Köln produziert wird.
Heizkissen »Pussy«: Miez, miez, miez …
Das Heizkissen »Pussy« gehört zu den dinglichen Zeugen für eine neue Art der Freizeitgestaltung in den 1960er Jahren. Mit der Einführung der 5-Tage-Woche und dem 8-Stunden-Tag vergrößerte sich die freie Zeit der Menschen und während die Freizeit zu Anfang des 20. Jahrhunderts noch hauptsächlich öffentlich in Wirtshäusern, Kinos und Parks genutzt wurde, zog man sich mit Aufkommen von Radio- und dann vor allem in den 1960ern von Fernsehgeräten mehr und mehr in die eigene Wohnung zurück. Der Markt für zurückgezogene Freizeitgestaltung boomte – und damit auch das Angebot an »Wellness«produkten.
Autofenster-Deutschlandfahne: Die Welt zu Gast bei Freunden
Vom 9. Juni bis zum 9. Juli 2006 fand in Deutschland die 18. FIFA-Fußballweltmeisterschaft statt. Vier Wochen lang stand in der Bundesrepublik alles im Zeichen des Sports. Während vor Turnierbeginn nicht einmal als sicher galt, ob die deutsche National-Elf überhaupt die Vorrunde überstehen würde, überraschte die junge Mannschaft von Trainer Jürgen Klinsmann mit temporeichem Offensivfußball. Dem 4:2 im Auftaktspiel gegen Costa Rica folgten das 1:0 gegen Polen und der 3:0-Sieg gegen Ecuador. Mit dem folgenden 2:0 gegen Schweden und dem 4:2 gegen Argentinien im Elfmeterschießen rückte der Titelgewinn in greifbare Nähe.