Das Bild zeigt den Kurator des Kölnischen Stadtmuseums. Er sitzt auf einer Mauer vor dem neuen Museum.

„Die Erarbeitung der neuen Dauerausstellung war ein spannender, intensiver Prozess”

Stadtgeschichte ist lebendig. Sie ist wechselvoll, erlebt Veränderungen und gestaltet sich ständig neu. Ähnlich geht es derzeit dem Kölnischen Stadtmuseum: Es befindet sich ebenfalls derzeit in wechselvolle Zeiten – mit vielen Herausforderungen, aber auch mit großen Chancen. Begonnen hat alles mit einem Wasserschaden im historischen Zeughaus im Jahr 2017. Die Exponate mussten in einem Notlager gesichert werden, Teile der Ausstellungsfläche wurden geschlossen. Für das Kölnische Stadtmuseum bedeutete dies, dass man auf den neuen Standort „Historische Mitte Köln“ nicht würde warten können. Eine Interimsfläche musste her.  

Mit dem Modehaus Sauer hat das Kölnische Stadtmuseum eine neue Bleibe im Herzen der Stadt gefunden. Aber so schön die Lage gegenüber Kolumba und MAKK auch ist, das ehemalige Modehaus stellt in vieler Hinsicht für das Museum eine Herausforderung dar: Die Gesamtfläche wird sich durch den Umzug stark reduzieren, die offene Bauweise mit versetzten Halbstockwerken erfordert bei der Konzeption der neuen Dauerausstellung besondere Ideen. 

Die Kuratoren Sascha Pries und Stefan Lewejohann haben die Aufgabe, diese Schwierigkeiten zu lösen und ein passendes neues Ausstellungskonzept zu entwickeln. Ein komplexes Projekt – was das Team nicht abschrecken kann: „Wir sehen die Veränderung als Chance. Wir haben unterschiedliche Lösungen in Betracht gezogen und dadurch einen gut funktionierenden Ansatz gefunden,“ erzählt Kurator Pries. 

Das Bild zeigt einen Raum im Renovierungszustand am neuen Standort des Kölnischen Stadtmuseums. Es stehen Leitern, Paletten, Pakete und Holztrennwände herum.
Das zukünftige Foyer im Umbau, September 2021 (© C. Ehrchen)

„Unser Anliegen war es, etwas grundlegend Neues zu machen und uns von einer chronologischen Erzählweise zu lösen. Die bekannten, erwarteten inhaltlichen Zäsuren historischer Museen werden die Besucher*innen hier deshalb nicht finden,“ so Pries. „Wir wollten einerseits das neue Gebäude optimal nutzen und der Fläche gerecht werden. Andererseits wollten wir Stadtgeschichte auf eine innovative und partizipative Weise erzählen, damit sich die Kölnerinnen und Kölner darin wiederfinden.“ 

Das Ergebnis ist eine Darstellung der Exponate entlang verschiedener Emotionen. Lewejohann: „Die lange und wechselvolle Geschichte unserer Stadt soll aus den Leben seiner Bewohnerinnen und Bewohner erzählt werden. Es sollen Brücken zur Vergangenheit geschlagen werden. Was verband die Kölner*innen im Mittelalter, vor 500 Jahren oder vor 200 Jahren miteinander? Ereignisse und Entwicklungen werden so auf neuartige Weise nebeneinandergestellt. Damit wird Stadtgeschichte emotional und nahbar – gerade hier in Köln.“ 

Acht Emotionen wurden ausgewählt, um die vergangenen 2.000 Jahre der Rheinmetropole zu veranschaulichen. Entlang von Fragen wie „Was lieben wir?“, „Woran glauben wir?“, „Worauf haben wir Lust” oder „Was macht uns wütend?“ werden thematische Räume geschaffen, in denen Geschichten aus verschiedenen Epochen erzählt werden. „Was macht uns Angst“ schlägt beispielsweise einen Bogen von Kriegen und der NS-Zeit bis zu aktuellen Ereignissen wie Verfolgung, Flüchtlingsbewegung und Terroranschlägen. 

„Die Erarbeitung der neuen Dauerausstellung und die Entwicklung der verschiedenen Themeninseln war ein spannender, intensiver Prozess. Wir mussten entscheiden, welche der vielen Exponate wir zeigen, welche Geschichten wir erzählen möchten. Das ist bei einer so umfangreichen Sammlung wie der unsrigen nicht einfach“, erläutert der Kurator.  

Die Begrenztheit der Räumlichkeiten verlange eine Konzentration auf die wesentlichen Geschichten. Das sei hilfreich für alle Besucherinnen und Besucher, die in Kölns Geschichte nur „kurz reinschnuppern“ möchten. „Wir wollen viele neugierige Besucher*innen anlocken! Wir haben immer wieder diskutiert und auch immer wieder Dinge verändert. Das Ziel ist, eine kompakte und spannende Dauerausstellung zu konzipieren, die für jeden verständlich und interessant ist.“  

Bei einem Gang durch die Räume erläutert Pries das Konzept: „Im sogenannten Auftaktraum möchten wir die Besucherinnen und Besucher ins Thema einführen. Hier werden die Highlights unserer Sammlung gezeigt, beispielsweise das Modell der Stadt von 1571,“ erläutert der Historiker. Der Einstieg werde – im Unterschied zu allen anderen Räumen – chronologisch aufgebaut. Er solle eine erste Übersicht über die Geschichte der Stadt geben. Vom Auftaktraum aus könne man sich dann beliebig durch das Museum bewegen. „In jeder Halbetage,“ erläutert Pries, „finden sich Inseln zu den verschiedenen Emotionen.  

Die chronologische Ordnung ist dabei meist nicht relevant, sondern der inhaltliche Zusammenhang.“ So werde beispielsweise das Fernsehkostüm von Dirk Bach neben einer mittelalterlichen Bibel in der Abteilung „Medien“ ausgestellt. „Wir sind überzeugt, dass dieses Konzept aufgeht und wir unsere Besuchenden überraschen und neugierig machen,“ sagt Pries. Er selbst freut sich sehr auf die neue Dauerausstellung, die das erfüllen soll, was in dem aktuellen Slogan am Gebäude Sauer zum Ausdruck gebracht wird: „Stadt – Geschichte – Anders“. 

Für Sascha Pries und Stefan Lewejohann ist der Umzug des Kölnischen Stadtmuseums und die Entwicklung der neuen Dauerausstellung ein einmaliges Projekt von besonderer Tragweite: „Es ist nicht alltäglich, dass ein Museum umzieht und damit verbunden eine komplett neue Ausstellung entwickelt werden muss.“

Aber nicht nur die Ausstellungskonzeption erfordert Engagement, Akribie und Teamwork. Auch die Ausgestaltung der Räume, die Entwicklung der Vitrinen und Befestigungen, die Beleuchtung, die Besucherführung, die Gestaltung es Foyers mit dem geplanten „Open Space“ für Community-kuratierte Ausstellungen und Veranstaltungen – alles das will geplant werden. 

Pries wirkt angesichts der Größe der Aufgabe gelassen und sieht den noch ausstehenden Aufgaben optimistisch entgegen: „Unser Projektplan steht und es geht sehr zügig voran. Wir freuen uns auf den Tag, wenn das Museum seine Türen öffnet.“