Kölle, du bes e Jeföhl: Was lieben wir?

Du ming Stadt am Ring! Die Domstadt wird seit Jahrhunderten besungen und gefeiert. Wir lieben unsere Stadt, die bewegt uns täglich, sorgt für Wut und macht uns manchmal Angst. Köln ist mit seinen 2000 Jahren mehr als nur eine der ältesten Städte Deutschlands: Köln ist auch ein Gefühl.

Nicht nur in Bezug auf unsere Stadt, auch in unserem Alltag werden wir von vielen unterschiedlichen Gefühlen begleitet und beeinflusst – und das war schon immer so. Auch unsere Vorfahr*innen kannten Angst, Liebe, Hoffnung, Lust oder Wut. Warum also die Stadtgeschichte nicht entlang dieser Emotionen erzählen?

In unserer neuen Dauerausstellung machen wir ab März 2024 genau das! Anhand von Fragen wie „Was lieben wir“, „Was macht uns Angst“, „Worauf haben wir Lust“ oder „Was macht uns wütend“ betrachten wir die Vergangenheit – und die Gegenwart – unserer Stadt unter ganz neuen Blickwinkeln. Und finden überraschende Antworten! Heute reisen wir mit euch in die Zeit zurück mit der ersten Frage: „Was lieben wir?“. Seid gespannt auf viele unterschiedliche Antworten!

„Liebe Deine Stadt“ – So leuchtet seit dem Jahr 2007 ein Schriftzug ausgerechnet über der Nord-Süd-Fahrt. Es ist ein ironischer Kommentar des Künstlers Merlin Bauer und zeigt die Bandbreite der kölschen Heimatgefühle.

Denn die innige Verbundenheit der Menschen mit ihrer Stadt ist sprichwörtlich tief verwurzelt. Dabei können sie architektonisch misslungene Verkehrsachsen ebenso fröhlich „übersehen“ wie ärgerliche Baustellen oder nervige Staus.

Gemälde des Kölner Doms.
Der Kölner Dom prägt die Silhouette der Stadt und ist ihr weltbekanntes Markenzeichen. Nicht nur die Kölner*innen lieben ihn: In Umfragen belegt er immer wieder Platz eins der beliebtesten Sehenswürdigkeiten Deutschlands (Kölner Dom in antizipierter Vollendung, C. G. Hasenpflug, Köln 1834/36, KSM, Foto: RBA)

DER DOM BEWEGT DIE HERZEN

Egal ob christlich, jüdisch, muslimisch oder auch atheistisch geprägt: Das Herz der Kölner*innen schlägt vor allem für das größte Gebäude in der Altstadt.

Der Kölner Dom ist nicht nur ein gigantisches Gotteshaus und gefeiertes Weltkulturerbe oder nur ein Touristenmagnet mit ihren jährlich sechs Millionen Besucher*innen. Er ist auch ein Jeföhl. Verewigt in unzähligen Büchern, Bildern, Postern, Ansichtskarten – und vielen, vielen Liedern. Eines der berühmtesten stammt von den Bläck Fööss: „Mer losse den Dom en Kölle“. Der Song gehört ohne Zweifel zu den inoffiziellen Hymnen der Stadt.

Der Dom begleitet Köln seit Jahrhunderten. Als Schutz- sowie christlicher Showroom für die Gebeine der Heiligen Drei Könige sorgt der Bau seit 1248 für Arbeit, Wohlstand und Macht. Auch wenn die Dauerbaustelle von 1520 bis 1823 aus Geldnot stillsteht…

Die Fertigstellung des Doms 1880 gerät zur Kölner Jubelfeier. Man gab sich kaisertreu, auch wenn so manche Kölner*innen die Preußen nicht besonders geliebt haben. Doch das ist eine andere Geschichte.

„Ich mööch zo Fooß noh Kölle jonn“

Von der tiefe Liebe vieler Kölner*innen zur Stadt zeugt auch ein Evergreen von Willi Ostermann: „Ich mööch zo Fooß noh Kölle jonn“. Der Song von 1936 wird nach dem Zweiten Weltkrieg zum bewegenden Leitspruch von Kriegsheimkehrenden. Einer von ihnen ist Johann Borsari. In sowjetischer Kriegsgefangenschaft hatte er sein Essgeschirr mit einer Ansicht des Kölner Doms und dieser Liedzeile verziert.

Verziertes Kochgeschirr aus Blech. Eingeritzt ist der Kölner Dom.
In sowjetischer Kriegsgefangenschaft verziert der Kölner Johann Borsari sein Essgeschirr mit einer Ansicht des Kölner Doms und der Liedzeile „Ich mööch zo Fooß noh Kölle jonn“ (Kochgeschirr mit Köln-Ansicht, J. Borsari, Deutschland/UdSSR nach 1945, KSM, Foto: RBA)

Heute gehört das Lied längst zu den inoffiziellen Stadthymnen und sorgt immer wieder für Gänsehaut. Ob beim Feiern im Veedel oder Fußballstadion – bei den ersten Takten geht ein Raunen durch die Menge. Daraus wird schnell ein Summen, dann ein Singen und Schunkeln. Und das ist typisch Köln…

Zu sehen ist die Statue der Schneiderfrau.
Das auf einer Sage beruhende Gedicht der Heinzelmännchen von August Kopisch ist beliebt bei Jung und Alt (Figur der Schneidersfrau, E. & H. Renard, Köln 1899, Stadtkonservator*in, Amt für Denkmalschutz und Denkmalpflege, Foto: RBA)

AUFREGENDE LEGENDEN

Was lieben die Menschen sonst noch an ihrem Köln? Es sind auch die vielen Verzällcher und Legenden. Die „Heinzelmännchen“ aus dem Gedicht von August Kopisch haben sich zu den „Weltstars“ der Sagenwelt hochkatapultiert, nachdem die neugierige Gattin des Schneiders sie nachts erwischt und zum Leidwesen aller in die Flucht gejagt hat.

Zu den Lieblingsgeschichten der Kölner*innen gehören auch „Jan und Griet“. Die unglückliche Liebes-Story stammt von Carl Kramer, spielt im Dreißigjährigen Krieg und ist heute ein fester Bestandteil des Kölner Karnevals. Aufgeführt wird die Legende jährlich vom Reiter-Korps Jan van Werth zur Weiberfastnacht vor dem Severinstor.

Zu sehen ist eine Flasche "Kölnisch Wasser". Sie ist grün und hat einen roten Deckel.
„Echt Kölnisch Wasser“ ist ein Markenzeichen für Duftwasser aus Köln. Die Bezeichnung „Eau de Cologne“ ist dagegen längst ein Gattungsbegriff für Duftwasser aus aller Welt, die aber ganz anders riechen können (Kölnisch Wasser-Nachahmungen aus aller Welt, 20. und 21. Jahrhundert, KSM, Foto: RBA)

Weltmarken

Dass übrigens der Dom die schnöde Hausnummer 4 trägt ist keine Legende und die Nummer hat er tatsächlich Kaiser Napoleon zu verdanken. Der lässt nämlich während seiner französischen Besatzung die Häuser erstmals durchzählen. Dabei wird die Hausnummer „4711“ für den Kaufmann Wilhelm Mülhens zur Glückszahl. Er benennt sein Duftwasser nach ihr und schafft eine Weltmarke.

Parfümeur Johann Maria Farina komponiert im Nachbarviertel wenige Meter weiter das Duftwasser „Eau de Cologne“. Das ist das eigentliche Original und findet als Luxusprodukt Fans auf der ganzen Welt. Geliebt haben es auch Napoleon und Johann Wolfgang Goethe. Oder Lady Diana!

LIEBE ZUR HEIMAT

Zu sehen ist ein Plattencover. Es ist bunt gestaltet, im Vordergrund ist eine Frau.
Yüksel Özkasap kommt in den 1960er Jahren als Gastarbeiterin nach Köln. Von der Kölner Plattenfirma Türküola als Sängerin entdeckt, erhält sie in den folgenden Jahrzehnten mehrere goldene Schallplatten. In der deutschen Öffentlichkeit ist sie nur wenig bekannt (Single-Schallplatte „Almanya’ya Mecbur Ettin“, Y. Özkasap, Köln 1976)

Und was wäre Köln ohne seine Musik? Die Liebe zu den heimatlichen Tönen ist in keiner anderen deutschen Stadt so ausgeprägt wie hier am Rhein. Das belegt nicht nur die Vielzahl von „Heimatliedern“ und kölschen Tönen, sondern auch die Vielfalt der Musikszene.

Beispielhaft dafür steht die sogenannte „Urmutter“ der kölschen Bands: Die Bläck Fööss gehören heute zum geliebten Kulturgut der Stadt, ihre Songs haben längst Volksliedcharakter oder sogar Hymnen-Status. Einer von ihnen vereint alle Kölner*innen auf die fröhlichste und nachdenklichste Art internationaler und interkultureller Liebe: Im Song „Der Stammbaum“ erzählen die Bläck Fööss von den Wurzeln der heutigen Kölner*innen.

„Su simmer all he hinjekumme, mir sprechen hück all dieselve Sproch. Mir han dodurch su vill jewonne. Mir sin wie mer sin, mir Jecke am Rhin. Dat es jet, wo mer stolz drop sin.“

Ein spannender Teil dieser Ausstellungssequenz ist: In einem partizipativen Projekt unterschiedlichste Kölner*innen gefragt, was Vom seit Kindheit liebgewonnenen Teddybär, bis hin zum Ohring, dessen Pandon die Besitzerin auf der Flucht aus dem Sudan verloren hat.

Diese und noch viel mehr Geschichten rund um das Thema Liebe präsentieren wir ab dem 23. März 2024 im neuen Kölnischen Stadtmuseum im früheren Modehaus Franz Sauer – mitten im Herzen der Stadt.

Autor: Michael Bischoff